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Longe – 44 Leningrad

1994–1996

Göran Gnaudschun stellt mit »LONGE – 44 LENINGRAD« einen erzählerisch angelegten Szene-Report vor, der den Innenblick des Punks und den beobachtenden Blick des Dokumentaristen zur Deckungsgleichheit bringt. Die Fotos vom 96er-Stressalltag der Band »44 LENINGRAD« rekonstruieren die Höhepunkte des Tour-Gefühls als eine Gegenspur zur Normalo-Existenz, aber auch als Ausnahme von der allgemeinen Punk-Regel. Irgendwo in den ostdeutschen Provinzen zwischen Hoyerswerda und Riesa ist endgültig Schluß mit der schlierigen BRAVO-Süßigkeit und dem Fotografen und Gitarristen der Band bleibt nichts anderes übrig, als aktiv teilzuhaben am zu Boden gezwungenen Spaß in der Sackgasse…
Die Beiläufigkeit und Selbstverständlichkeit der fotografischen Perspektive ist Gnaudschuns Trumpf. Das Mitmachen in der Band gibt den Fotos einen rauhen Sound, street credibility eben – es lenkt ab, schärft aber auch den Blick und akzentuiert Problemsituationen. Diese Fotos haben eine Textur, die mehr hergibt als etwa eine bebilderte Bandgeschichte mitzuteilen in der Lage wäre. »LONGE – 44 LENINGRAD« spricht eine Art nichtkorrumpierter Sprache jenseits der Worte und spielt sich auf einem atmosphärischen Plateau ab, das suggestiv und distanzierend zugleich wirkt. Gnaudschuns Bilder, verklammert zwischen Kameraobjektiv und Gitarrensaite, brauchen kein Interpretations-Feedback, weil ihnen bereits ein ungewöhnlich weites Bewußtsein für sinnfällige Verbindungen musikalisch eingeschrieben ist…

Christoph Tannert, 1998
Aus dem Nachwort zum Katalog
»LONGE – 44 LENINGRAD«